Patricia Thielemann: »Nicht alles, was imposant ist, ist auch wesentlich.«
Patricia Thielemann ist Yogalehrerin, Autorin und Inhaberin mehrerer Yogastudios. Das von ihr entwickelte »Spirit Yoga« steht für eine moderne und freigeistige Interpretation der alten Tradition. Es ist klar und kraftvoll – wie die Gründerin selbst.
Was wird Yoga Ihnen nie beibringen?
Auf Steaks und Highheels zu verzichten.
Was wünschten Sie, hätten Sie Ihrem jüngeren Ich früher schon erzählen können?
Nicht alles, was imposant ist, ist auch wesentlich. Suche nicht nach jemandem, der dir die Verantwortung abnimmt. Lerne, sie selbst zu tragen. Und begegne anderen und auch dir selbst wohlwollend und wertschätzend.
Wofür leben Sie nicht?
Für Mikromanagement, Stutenbissigkeit, Schlaumeiergetue, Engstirnigkeit und leeres Gewäsch.
Was ist Ihr wichtigstes Ritual?
Um 5:00 Uhr morgens aufstehen, um ein bis zwei Stunden nur für mich zu haben. Ich liebe den frühen Morgen. Da bin ich wach und habe Muße, Yoga zu praktizieren, zu schreiben oder um den — See zu laufen.
Was hätten Sie ohne Yoga nie entdeckt?
Ein Gefühl des Eingebundenseins, Kraft und bestimmte Grenzen, sowie viele reflektierte, liebenswerte Menschen.
Was müssen Sie noch tun, um erfüllt zu sterben?
Jetzt mit Ende 40 traue ich mir sehr viel mehr zu als vor zehn oder zwanzig Jahren. Es bereitet mir enorm viel Freude, zu sehen, wie sich Spirit Yoga und meine beiden halbwüchsigen Jungs entwickeln und heranreifen. Ich habe noch viel vor, bin mir aber voll und ganz bewusst, dass ich nicht ewig so energiegeladen sein werde. Die Zeit ist kostbar.
Sie leiten drei Berliner Yogastudios mit insgesamt über 100 Mitarbeitern. Was ist Ihnen dabei das Wichtigste?
Eine klare Linie! Strukturiert, aufgeklärt und zugewandt – sowohl nach innen wie nach außen.
Sie haben einen recht ausgeprägten »Bullshit-Detektor«, sagen Sie. Wie und wann äußert der sich?
Wann immer jemand oder etwas nicht authentisch ist, spüre ich das ziemlich schnell. Scheinheiligkeit ist im Yoga leider weit verbreitet. Ich sehe es als meine Aufgabe, das Wahre, Gute und Schöne zu kultivieren. Dafür braucht es keine billigen Klischees.
Ihr Lieblingsvorurteil gegenüber Yogalehrern, das bei Ihnen zutrifft?
Im Yogaraum bin ich kraftvoll und klar, aber im Baumarkt oder am Flughafen meist ziemlich überfordert und komplett orientierungslos.
Der Artikel wurde erstmalig in leicht abgeänderter Form in der Zeitschrift moment by moment (Ausgabe 03, September 2017) veröffentlicht.